Brandrisiken bei PV-Anlagen
Seit der Einführung einer festgelegten Einspeisevergütung im Jahr 2001 wurden standardisierte PV-Anlagen in größerem Umfang auf Dächern installiert, darunter verstärkt auf Landwirtschafts-, Gewerbe- und Industriegebäuden. Heute werden Neubauten mit PV-Anlagen geplant, Bestandsgebäude nachgerüstet und die Installation von PV-Anlagen auf gewerblich genutzten Gebäuden in den Bauordnungen gefordert.
Doch mit dem vermehrten Ausbau der PV-Anlagen wurde schnell deutlich, dass für viele der neu auf den Markt gebrachten und schnell weiterentwickelten Produkte keine Produktnormen existierten. Das EEG wurde seither mehrmals geändert, die Einspeisevergütung und die Rahmenbedingungen angepasst. Zurzeit wird die Errichtungsnorm VDE 0100-712 überarbeitet. Derzeit gültig ist die Norm 2016-10; der Entwurf liegt seit 2022-10 ohne Gültigkeit vor.
Elektrofachkräfte müssen heute vor allem sogenannte Ü-20-Anlagen beurteilen – dies sind Anlagen, deren Errichtungszeitpunkt 20 Jahre oder länger zurückliegt. Viele Anlagen wurden unter großem Zeitdruck mangelhaft installiert und in Betrieb gesetzt. Es gilt zu entscheiden, ob und inwieweit diese Anlagen instandgesetzt werden müssen, um einen sicheren Weiterbetrieb zu gewährleisten. Insbesondere durch Verschleiß an Kabel- und Leitungsanlagen können Brandgefahren gegeben sein. Viele dieser Mängel wurden bis heute nicht beseitigt und stellen mit zunehmendem Alter ein immer höheres Brandrisiko dar.
Es empfiehlt sich hier, sämtliche PV Anlagen durch einen entsprechenden nach VDS 3174 zertifizierten Sachverständigen prüfen zu lassen. Dies gilt auch für Neuanlagen.
Neben Produktmängeln an Komponenten können auch eine mangelhafte Installation, mechanische Einwirkungen und Verschleiß Brandursachen darstellen. Auch inkompatible Steckverbinder und Modulmängel, die zum Zünden von Lichtbögen führen, sind durch die Leistungserhöhungen der Module neuerer Anlagen häufiger aufgetreten. Dieser Faktor muss selbst bei guter Schulung der Mitarbeiter sowie Verbesserung der Materialien überprüft werden.
Hierbei zeigt die VDE 0100-100 in 2022-03:
„Alle elektrischen Betriebsmittel, die wahrscheinlich hohe Temperaturen oder elektrische Lichtbögen verursachen können, müssen so angebracht oder geschützt werden, dass das Risiko der Entzündung von brennbaren Materialien minimiert wird.“
Mit der Norm wird klargestellt, dass allein die Einhaltung der normativen Anforderungen an die Installation und Komponenten nicht ausreicht. Es sind darüber hinausgehende Maßnahmen zu planen und umzusetzen.
Die technische Entwicklung der letzten Jahre ermöglicht heute eine sehr umfangreiche Planung und Umsetzung von Maßnahmen, die das Risiko einer Brandentstehung deutlich minimieren können. Beispielsweise können sogenannte Leistungsoptimierer (DC/DC-Wandler) eingesetzt werden, welche den PV-Generator in DC-Strangstromkreise aufteilen. Zudem kommen auch regelmäßig Infrarot-Kameras zur Überprüfung der Anlagen zum Einsatz, die bei kritischen Gebäuden sogar oftmals im dauerhaften Einsatz genutzt werden – viele Installationsbetriebe bieten hierbei oft Wartungsverträge mit Onlineüberwachungen an.
Das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V. (IFS) wies für das Jahr 2022 die Brandursache Elektrizität mit einem Anteil von 28% aus. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Schadenregulierung der Sachversicherer sowie Presseberichte über Brandschäden, welche durch PV-Anlagen ausgelöst wurden.
Aus diesem Grund müssen PV-Anlagen oberhalb eines brennbaren Dachaufbaues im Rahmen einer Risikobewertung als mögliche Zündquelle angesehen werden.
Der notwendige Abstand zu Rauch- und Wärmeabzugsanlagen gerät hierbei zunehmend in den Fokus. Die VdS 2098- S1:2014-09 (01) nennt hier einen Mindestabstand von 2,5 m umlaufend zu diesen Anlagen. Dies bedeutet, dass die Oberkante des PV-Moduls nicht über die Oberkante der geöffneten NRWG (Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte) hinausragen darf. Diese Abstände sind hierbei bei der Planung einer PV-Anlage als Mindestanforderung zu sehen und müssen unbedingt eingehalten werden.
Generell dürfen PV-Module und/oder Leitungen nach § 7 (7) LBOAVO nicht über eine Brandwand geführt werden. Eine solche Brandwand muss für 120 Minuten feuerbeständig sein und 50cm oberhalb der obersten Geschossdecke hinausragen. Lässt sich die Verlegung von Leitungen über oder durch eine Brandwand nicht vermeiden, kann im Brandwandbereich entsprechend geschottet werden.
Es ist anzunehmen, dass die tatsächliche Zahl der als Brandursache zu sehenden PV-Anlagen noch um einiges höher als errechnet ist, da viele Brandschäden gar nicht en detail ermittelt werden können. Dies zeigt einmal mehr die Wichtigkeit einer normgerechten und vorausschauenden Planung. Zu beachten sind hier u. a. die DIN VDE und die VDS Richtlinien. Weiter sollte eine enge Abstimmung mit dem entsprechenden Sachversicherer des Gebäudes erfolgen.